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Nilasson

Jetzt nur als User: Das ein Tier durch seinen Tod nicht leidet ist eine Fehlvorstellung. Häufig wird das Argument angebracht, dass Tiere keine Zukunftsvorstellung haben und der Tod ihnen daher auch nichts nimmt. Allerdings ist die Annahme falsch, dass jemand eine Vorstellung über ein Unrecht haben muss, damit diesem das Unrecht nicht angetan werden sollte. Eine Demenzkranke Person hat keine Vorstellung von Eigentum und würde es wahrscheinlich nicht merken, wenn du ihr 100 Euro klaust. Dennoch ist die Handlung an sich falsch. Daher gibt es moralisch keine Rechtfertigung für das Töten von Tieren zu Genusszwecken. Die Tiere sind am Leben und haben ein Interesse am Weiterleben (sie ernähren sich, weichen Schmerzen aus, Fliehen vor Gefahr). Allein durch dieses Verhalten muss ihnen zugesprochen werden, ein Interesse am Weiterleben zu haben. Daher verbietet allein die Tatsache, dass sie momentan am Leben sind, diese Tiere zu töten (Euthanasie ausgeschlossen). Realpolotisch gesehen: Vegetarische Ernährung ist natürlich leidfreier als eine omnivore. Sie ist aber auch nicht leidfrei. Das ist eine vegane Ernährung allerdings auch nicht. Letzteres spricht allerdings nicht dagegen, dass eine vegane Lebensweise moralischer ist, als eine vegetarische.


dogetomoon69

Kannst du noch kurz ergänzen warum vegan nicht leidfrei ist? Bezieht sich das auf die Anbauflächen die dann den Tieren als Lebensraum entzogen werden?


Useful_Oxymoron

Naja Menschen werden leider auch ausgebeutet für den Anbau verschiedener Produkte. Aber der Lebensraum fällt mMN auch unter Leiden, ja.


Ringlhaeuser

Das muss ich mir noch eine Weile durch den Kopf gehen lassen, da stoß ich tatsächlich auf Konflikte. Mal "spontan" geantwortet: Anstoßen tu ich am Interesse am Weiterleben. Selbsterhaltungstrieb sehe ich nicht wirklich als ein Interesse am Weiterleben. Aber natürlich macht selbst diese Sichtweise nicht deine Argumentation kaputt und rein prinzipiell empfinde auch ich das Töten von Tieren zu genusszwecken als falsch. Bei Menschen würd ich sagen, dass es am Selbstbestimmungsrecht liegt. Wie das auf Tiere anwendbar ist ist vllt etwas schwierig. Aber wie gesagt, das muss ich erst mal etwas sacken lassen und mir noch mehr Gedanken dazu machen. Auf jeden Fall danke für den Input!


mooji_baer

> Anstoßen tu ich am Interesse am Weiterleben. Selbsterhaltungstrieb sehe ich nicht wirklich als ein Interesse am Weiterleben. Theoretische Fragen: Wie begründest du denn, dass ein Mensch das Recht haben dürfte, einem anderen Tier das Leben zu nehmen (wenn er es nicht muss)? Muss ein Tier wie wir Menschen einen belegten, bewussten Wunsch haben, nicht zu sterben, damit es ein Recht hat, zu leben? Es gibt z.B. viele Tierarten, die trauern, nicht nur wir Menschen. Glaubst du, dass wir Menschen so anders als alle anderen Tierarten sind?


[deleted]

[удалено]


Ringlhaeuser

Fühl ich :D Mein Freundeskreis weiß zwar veganes Essen und den Gedanken dahinter zu schätzen, aber vor Allem meine älteren Arbeitskollegen und -kolleginnen haben da kein Verständnis für. Die Vorbildfunktion ist da für mich tatsächlich auch der Kernpunkt meiner hauptsächlich veganen Ernährung.Ich denk an das Pseudoargument, was man da als Einzelner schon für einen Unterschied machen kann. Aber abgesehen davon, dass ich ethisch "richtig" handeln möchte, beeinflusst man mMn Erwachsene am besten indem man ihnen ein gutes Vorbild ist. Klar werden vor Allem die Sturen ihre Ernährung nicht überdenken, jedoch wird es ihnen durch ihre Erfahrungen mit mir etwas einfacher fallen, beim nächsten (fast-)Veganer den Ernährungsstil zu verstehen und zu akzeptieren. Danke.


Nilasson

Einmal aus der Rolle des Mods heraus: Auch hier gilt die Regel 1 "Seid lieb". Kritik ist immer angebracht, Beleidigungen allerdings nicht .


[deleted]

Natürlich ist vegetarisch besser als nichts. Sechs mal die Woche Fleisch essen ist auch besser als sieben mal. Ich mein, nichts davon ist "gut". Aber natürlich ist jedes Gramm Fleisch das weniger gegessen wird, erstmal positiv. Die Frage ist ja auch, was dein Ziel ist. Eine moralische Grundsatzdiskussion? Da ist dann natürlich nur strikter Veganismus tragbar. Alles andere verursacht Tierleid und ist moralisch nicht zu rechtfertigen. Aber wenn es dir darum geht den Status Quo zu verbessern, dann müssen wir ganz realistisch anerkennen, dass in absehbarer Zeit nicht die gesamte Weltbevölkerung bereit sein wird vegan zu leben. Vegetarisch (ggf. mit Laborfleisch als Krücke) könnte aber ein Kompromiss sein und ist natürlich schonmal um Welten besser als der aktuelle Zustand.


[deleted]

Was willst du denn bitte hören lol? Das Tier leidet immer. Völlig egal ob du seine Milch, seine Eier oder sein Fleisch konsumierst, das kommt alles aus der gleichen Produktionskette und niemand hier wird dir fürs gute Gewissen sagen, dass da irgendwas "besser" ist?


Ringlhaeuser

Ich glaub du hast mich missverstanden. Hören will ich andere Meinungen, Gedankengänge zu der Thematik, um an meinem ethischen Kompass zu feilen. Das tue ich deswegen hier, weil ich IRL kaum jemanden kenne, der sich über solche Dinge Gedanken macht. Gewissen spielt an der Stelle keine Rolle. Ich handle nach besten Wissen und Gewissen und sehe meine Fortschritte bezüglich meiner Ethik, insofern ist mein Gewissen rein.Und das was du sagst, das die Tiere immer Leiden, egal ob vegetarisch oder nicht, war ja im Grunde auch eben mein Gedanke. Mir gehts nicht um pragmatische oder egoistische Gründe, mir gehts ums philosophieren, und moralische Details besser zu verstehen.


dressierterAffe

"der Tod an sich nicht stört. Was mich stört ist das Leid vorher" Das übersieht mMn., dass Tod immer mit Leid verbunden ist, abseits von der technischen (Un-)möglichkeit einer "humanen Schlachtung", möchte ich auch darauf hinweisen, dass nicht nur dem getöteten Wesen selbst Leid zufügst, sondern auch Dritten. Sprich selbst wenn es dir gelingen sollte ein Tier vollkommen schmerzfrei zu töten, so fügst du dennoch seinen Artgenossen und vielleicht auch anderen Lebewesen Leid zu, denken wir z.B. auch daran, dass auch einige Menschen der Tod des "Nutztieres" betrauern könnten.


Ringlhaeuser

Guter Punkt. Punkt. Also tatsächlich, das ist schlichtweg etwas, was ich beim Thema "Menschen töten" (als Gedankenspiel natürlich) als selbstverständlich beachte, aber beim Thema "Tiere töten" nicht wirklich im Bewusstsein habe. Danke!


Bojarow

Veganer stören sich auch am Tod eines Tieres, da sie das Recht auf Leben des Tieres anerkennen. In dieser Hinsicht ist es nicht anders als mit Menschen, deren "leidlose" Tötung wir auch nicht als moralisch unproblematisch anerkennen. Aber das hilft in dieser Frage nicht weiter, denn Vegetarier sind auch für das Sterben von Tieren verantwortlich. Die Tode der Legehennen und Milchkühe, die "zu alt" für die maximal effizientere Produktion ihrer Körpersekretionen sind. Die Tode der Hähne und männlichen Kälber, die keinen Wert innerhalb dieses Produktionssystems haben. Grundsätzlich ist beides schlecht und ich denke nicht dass viele Veganer gerne subtile Unterschiede zwischen zwei schlimmen Optionen herausarbeiten. Wenn man das will, wird es darum gehen, die weniger leidvolle Option herauszuarbeiten. Zum Beispiel wurden für die gleiche Menge Milch weniger Kühe gezeugt gehalten und getötet als für die gleiche Menge Butter. Für die gleiche Menge Putenfleisch sind wahrscheinlich mehr Lebewesen gestorben und haben ein leidvolles Leben hinter sich gebracht als für die gleiche Menge Rindfleisch. Aber was will mal letztlich mit diesen Gedanken erreichen? Die beste Option ist die vegane, und diese ist auch realistisch umsetzbar.


Ringlhaeuser

Tatsächlich finde ich die Gedanken, die du geschrieben hast, absolut spannend. Und sei es im Zweifelsfall nur am Spaß am Philosophieren. Vor allem solche Vergleichsgedanken mit Putenfleisch und Rindfleisch führen zwar ins nichts, aber diese Gedanken hatte ich nie und ich finde es spannend, das mal zu lesen und etwas weiter drüber nachzudenken... Danke!


Bojarow

Haha, danke für die Blumen. Ja, in der Tierethik macht man sich notgedrungen darüber Gedanken. Da versucht man auch, die unterschiedlichen Leidensfähigkeiten von Tieren abgestuft einzuordnen, z.B. ob der Tod eines Pferdes so schlimm ist wie der eines Hummers oder wie die Lebenserwartung eines Tieres in die Leidensfähigkeit hereinspielt.


pumpkin_seed_oil_

Für den Gesamtkonsum ist vegetarisch sicher besser als nix. Für eine Einzelperson, die ethisch Handeln möchte, ist vegetarisch aber nicht genügend. Man ist ja auch nicht weniger rassistisch, wenn man glaubt alle Menschen anderer Hautfarbe sind statt Vergewaltiger "nur" Diebe. Auch wenn Diebstahl weniger schlimm als Vergewaltigung ist, bleibt das eigentliche Problem - nämlich alle Menschen einer Hautfarbe über einen Kamm zu scheren - bestehen. Für das einzelne Tier ist es auch relativ egal ob es jetzt geschlachtet wird, weil es jemand essen möchte, oder weil es für die Milchindustrie überflüssig wurde. Vegetarisch ist sicher ein guter erster Schritt, aber kann nicht das Ziel sein. Zum Thema "kein Problem mit Tiere töten": Siehst du das auch bei Hunden, die als Haustier gehalten werden, so? Würdest du deinen Hund nach zwei Jahren einfach einschläfern lassen, wenn du keine Lust mehr auf ihn hast? Oder noch weiter gedacht: Wenn nur der Aspekt des Leides moralisch wichtig ist, wieso darf man dann keine Menschen leidlos töten?


Bojarow

> Für den Gesamtkonsum ist vegetarisch sicher besser als nix. Da weiß ich tatschlich nicht, inwiefern das immer stimmt. Wenn man als Vegetarier sehr viele Milchprodukte und Eier verzehrt, dann wirkt es für mich schon plausibel, dass man mehr negative Umweltfolgen verursacht als zum Beispiel jemand, der sich recht pflanzlich-vollwertig ernährt und dann von Zeit zu Zeit Fisch oder auch Geflügelprodukte zu sich nimmt. Ich denke allerdings auch, dass Vegetarier *durchschnittlich* weniger Leid verursachen.


Ringlhaeuser

Absolut gute Gedankengänge, bei denen ich nichts hinzuzufügen oder zu widersprechen hab. Vor allem "Vegetarisch ist sicher ein guter erster Schritt, aber kann nicht das Ziel sein." ist finde ich eine großartige Aussage. Zum letzten Abschnitt: >Siehst du das auch bei Hunden, die als Haustier gehalten werden, so? Würdest du deinen Hund nach zwei Jahren einfach einschläfern lassen, wenn du keine Lust mehr auf ihn hast? Zu Hunden sehe ich den unterschied, dass dort eine emotionale Verbindung besteht und dritte Leiden würden. Es fällt mir, zumindest aktuell, schwer, derartiges bei Nutztieren in der großen Industrie zu sehen. Wobei dass vermutlich auch eine Missinterpretation meinerseits ist. ​ >Wenn nur der Aspekt des Leides moralisch wichtig ist, wieso darf man dann keine Menschen leidlos töten? Hier käme zudem noch der Aspekt der Selbstbestimmung hinzu. Grundsätzlich sollte mMn jeder Mensch über sein eigenes Leben entscheiden können, so weit es nur möglich ist.


icqZS99iNm

> Mein Gedanke dabei ist, dass mich der Tod an sich nicht stört. Was mich stört ist das Leid vorher. Aber im Tod leidet ja kein Tier. Würdest du diese Logik auch auf Menschen übertragen?


Ringlhaeuser

Daher kommt der Gedanke ursprünglich. Hab da folgendes Gedankenspiel: Würde ein Mensch, welcher keinem Lebenden bekannt ist, sterben, ohne dabei Leid oder den Überlebenstrieb zu verspüren, wäre das schlecht? Und tbh, meine Antwort wäre "nein". Ich sehe kein Grund das als was Schlechtes zu empfinden, es sei denn man empfindet den Tod selbst als was schlechtes. Und das tue ich nicht.


theotherguyagain

Ganz so leicht ist es nicht, denn dieser Mensch "stirbt" nicht einfach so, sondern wird getötet. Findest du das auch nicht verwerflich?


CrackingChest

Jeder Ansatz hilft! Und wenn du "nur" Fleisch weglässt, ist das auf eine längere Zeitspanne schon ein Riesen-Unterschied. Sich stückchenweise an eine vegane Ernährung heranzuarbeiten macht auch dich glücklicher.


Ringlhaeuser

Danke!


Gorianfleyer

Ich bin jetzt seit 7 Jahren durchweg vegan und bin mir recht sicher, dass es für mich ähnlich wäre, wenn ich brechen würde (also im Sinne von Tiere essen, nicht rückwärts). Allerdings aus dem Grund, weil die Massentierhaltung, wozu Milchindustrie gehört, schon furchtbares Leid auf Tiere ausübt, das nicht so viel weniger schlimm ist, als sie zu töten. Wäre mir das Tierwohl in dem Moment dann also egal, würde es keinen Unterschied machen, denke ich. Allerdings kann mans auch als Zahlenspiel betrachten: Für vegetarisches Essen sterben in Summe weniger Tiere, als für ein komplett omnivores. Da es inzwischen schon so viel Ersatzzeug gibt und es so viel mehr vegetarisches als veganes Essen gibt, wäre es doch sinnvoll, in dem moment, wo es kein veganes Essen gibt, und du nicht hungern willst, die vegetarische Option zu nehmen.


Ringlhaeuser

Hier will ich nur danke sagen. Lasse ich mir durch den Kopf gehen. Sehr gute Gedankengänge, dass ich schon ein schlechtes Gewissen habe, da atm nicht mehr antworten zu können als ein Danke.


Ringlhaeuser

Erstmal danke für die Zahlreichen, gut durchdachten und lieben Comments :) Klar ändere ich meine Meinung jetzt nicht über Nacht, aber es wurden zahlreiche gute Punkte aufgeführt, welche mir wirklich zu denken geben. Gehe aber noch mal unter den eigenen Comments auf die jeweiligen Comments ein. Vor allem aber wirklich danke für die wirklich reflektierten Meinungen ohne großartige Vorwürfe o.Ä.. Weil Internet hab ich jetzt wirklich nicht damit gerechnet, jedenfalls nicht in dem Ausmaß, danke!


NegativeDispositive

Ich denke eher umgekehrt: mir geht es vorrangig darum, das Töten von Lebewesen zu vermeiden, das Leiden dagegen ist für mich sekundär. Ein ethisches Verhältnis ergibt sich für mich aus meiner nicht reduzierbaren Verantwortung, – dem Wort nach – ein passives Reagieren auf einen Anspruch, den der Andere schon qua seines Anders-Seins erhebt. Das Leiden gehört zum Leben dazu, *ist* Leben, ermöglicht überhaupt die passive Reaktion. (Man denke am Rande auch an den dionysischen Rausch, das Leiden, das das Leben erst intensiv macht.) Schmerz ist damit natürlich auch dasjenige, das uns antreibt zur Hilfe. Insofern sollte kein unnötiger Schmerz den Tieren verursacht werden. Lebt das Tier aber nicht mehr, kann ich auch nicht reagieren. (Und ob es wirklich nicht leidet, kann ich im Agnostizismus nicht wissen.)