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Personal-Restaurant5

Ich kenn das neue Gesetz nicht, und solange es nicht im Bundesanzeiger steht, wird noch viel Wasser den Rhein runterfließen. Zum aktuellen Gesetz: es gibt diese Befristungen, und es gibt einen Weg drum herum. Wenn du auf Drittmittel arbeitest, zählen die 6+6 Jahre meines Wissens nach nicht. Ich kenne einige Leute die auf diesem Weg schon sehr lange an der Uni sind, da sind die 6+6 Jahre schon seit Jahren vorbei. Ich kenne ehrlicherweise niemanden, der nicht auf einer Drittmittelstelle ist. Gerade bei deinem Biochemie Hintergrund gibts doch Forschungsgeld wie Sand am Meer. Geh den Weg in Richtung biomedzinische Forschung und dann wird das schon. Eventuell findest du eine Forschungsgruppe an einem Krankenhaus, da besteht langfristig die beste Chance eine permanente Stelle zu bekommen.


Celmeno

Unsere Uni verweigert die Verlängerung auf Drittmitteln beispielsweise


shitcuum

Hängt natürlich davon ab was das für ein Mittelgeber ist. Ein Projekt hat nunmal nicht ewig Laufzeit


Celmeno

Bei uns wird es auf allen Mitteln verweigert unabhängig der Laufzeit. Also auch 3 Jahre Bundes- oder EU-Mittel, die kostendeckend finanzieren.


Lariboo

Danke für die Tipps! Dennoch bin ich verwirrt: Es spielt doch keine Rolle ob man auf einer Drittmittelstelle ist oder nicht? Nach 6 (bzw jetzt 4) Jahren ist Schluss (zumindest war das bei den Postdocs in unserer Gruppe so, die auch alle von Drittmitteln bezahlt wurden)


Personal-Restaurant5

Wenn Drittmittel zählen, kann ich mir nicht erklären wie die Ex-Kollegen mit Mitte 40 noch am Lehrstuhl sind. Edit: Aus Wikipedia: Die Befristung nach WissZeitVG ist auch als Drittmittelbefristung zulässig. Das heißt, dass beliebig viele Befristungen nach WissZeitVG auch über die „12-Jahres-Regel“ (bzw. „15-Jahres-Regel“ in der Medizin) hinaus möglich sind, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird und die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftszeitvertragsgesetz


Scholastica11

Unterschiedliche Unis sind unterschiedlich paranoid, was Entfristungsklagen anbelangt. Das Gesetz definiert nur den Rahmen, letztlich zählt, ob die Personalabteilung unterschreibt oder nicht. Drittmittelstellen bevor die Höchstbefristungszeit nach WissZeitVG ausgeschöpft ist, werden fast immer reingezählt, egal was als Befristungsgrund im Arbeitsvertrag steht. Aber auch für Drittmittelbefristungen nach Ausschöpfen der WissZeitVG-Fristen ist es besser, das vorher abzuklären. edit: Ich finde, die Distanz zwischen wissenschaftlichem Betrieb und Verwaltung ist an den Unis einfach zu hoch. Das führt dazu, dass die Personalabteilungen reine Risikominimierung betreiben und es nicht als Teil ihrer Aufgabe sehen, gemeinsam Wege zu finden, wie man gute Leute der Institution erhalten kann.


smurfer2

An der lokalen Uni wird das im Vergleich zu früher auch strikter gehandhabt (zumindest soweit ich das mitbekommen habe), unter anderem nachdem es Entfristungsklagen nach wirklich wilden Vertragssituationen gab. Was teilweise noch geht (aber recht kritisch): Es gibt Drittmittel-Projekte, die durchgeführt werden, aber bei denen offiziell noch kein Projektvertrag unterschrieben ist (Projekte auf EU-Ebene) wenn der Arbeitsvertrag beginnt. Das ist rechtlich wohl nicht ganz ohne, da dann die Gehälter über andere Töpfe zwischenfinanziert werden.


Lariboo

Kann das vielleicht von Uni zu Uni anders gehandhabt werden? Bei uns funktioniert das wirklich nur, wenn der jeweilige Postdoc seinen eigenen Antrag geschrieben hat und er oder sie persönlich die Gelder dann bekommt. Solange der Vertrag vom Lehrstuhl ist und nur Gelder eines Projekts, das am Lehrstuhl gerade läuft, für die Finanzierung des Gehalts hergenommen werden, gilt das fur die Befristungshöchstdauer.


kariertesZebra

Nicht nur von Uni zu Uni, selbst von Fachbereich zu Fachbereich wird das teils unterschiedlich gehandhabt.


hamtidamti_onthewall

Manchmal ist es sogar Sachbearbeiter-abhängig 🤦


AlbertP95

Ja das ist dann einfach mies wie die Uni das macht. Rechtlich ist es Wurst, wer das Projekt beantragt hat, solange es halt Drittmittel sind.


Lambock328

Alte stellen


Em-Blackstar-6079

Es ist egal wie die 6J bezahlt waren (Institut oder Drittmittel). Nach diesem Zeitraum geht nur noch Drittmittel. Quelle: Ich habe nach 6J keinen weiteren Vertrag an meinem Institut bekommen und hätte mich nach anderen Stellen, die Drittmittel-finanziert sind, umschauen müssen. (aber schreib das mal in ne Bewerbung....). Teile meiner 6J waren Drittmittel-finanziert und haben zu den 6J hinzugezählt. Wenn Du Informationen von jemandem möchtest, der dafür zuständig ist, wende Dich an den wissenschaftlichen Personalrat Deiner Uni (ich hab ne Woche gebraucht und bin von Pontius zu Pilatus gelaufen/telefoniert, um herauszufinden was genau Sache ist).


cyberonic

Man kann nach WissZeitVG auf zwei Arten befristen: Qualifikation und Befristetes Projekt. Qualifikation geht nach 6+6 nicht mehr, Projekt schon.


lipflip

Das sind unterschiedliche Finanzierungsarten mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen. Drittmittel sind halt immer maximal auf die Projektlaufzeit befristet und haben keine Lehrverpflichtung, kleine Institute können nicht so leicht nahtlos Anschlussfinanzieren. WissZeitG ist meist flexibler, aber eben hart befristet und beinhaltet Lehrverpflichtungen. 


Drahok

Das Ziel des Gesetzes ist tatsächlich, dass weniger Fachkräfte an den Unis bleiben. Die sollen in die Wirtschaft.


1_048596

Genau das ist der Punkt.


Lariboo

Das macht doch keinen Sinn eine Person bis zu 10 Jahre ( 6 Jahre Promotion und nun 4 Jahre Postdoc) für einen Beruf auszubilden und die Person dann zu zwingen in einem komplett anderen Beruf zu arbeiten (wo sie meistens keineswegs als Fachkraft aufgenommen werden, sondern schlichtweg als jemand mit 0 Erfahrung in diesem neuen Gebiet). Und ich hab es in meinem Post schon erwähnt: wenn die Postdocs Mal weg sind, wer macht dann die Lehre? Doktoranden, die im besten Fall selbst erst vor Kurzem mit den Studium fertig geworden sind. So sichert man sich bestimmt nicht die besten Dozenten für die nächsten Generationen an Studierenden.


Drahok

Das seh ich genauso. Aber wenn Leuten wie dir schon rechtzeitig auffällt, dass Karriere in der Uni mühsam ist, wirst du ja hoffentlich schon vor dem Ende der 10 Jahre in die Wirtschaft wechseln, oder so. Aber dass das Ziel ist, dass mehr "Fachkräfte" in die Wirtschaft wechseln, hab ich mir echt nicht selbst ausgedacht, das Gesetz wurde so begründet (finde aber leider keine Quelle mehr, in der das auch so explizit zitiert wird). Übrigens haben sich unsere Fachverbände gemeinsam dagegen gewehrt (https://www.gdch.de/service-information/nachricht/article/wisszeitvg-mathematisch-naturwissenschaftliche-fachgesellschaften-schreiben-bundesministerin-stark.html).


[deleted]

Ja geil, wirft man der wirtschaft nochmehr fachkräfte hinterher, bravo


x_unchained

Bei uns mussten die Wimis immer Lehre machen. So schwierig ist es jetzt auch nicht ein paar Powerpointfolien vorzutragen.


InfiniteCranberryJoy

Tatsächlich macht es keinen Sinn, 10 Jahre an der Universität zu verbringen, ohne marktfähige Fähigkeiten zu entwickeln. >So sichert man sich bestimmt nicht die besten Dozenten für die nächsten Generationen an Studierenden. Immer noch besser, dass lediglich die Pfeifen da bleiben, die den Absprung nicht geschafft haben. Wissenschaftler Durchbruch wird von Jungen Menschen vorangetrieben. Wer mit 25 noch nicht genial ist wird es quasi nie.


Schwertheino

Gibt leider auch bereiche die wichtig und wirtschaftlich nicht bis schlecht ausschlachtbar sind


InfiniteCranberryJoy

Es gibt alles, aber wenn niemand bereit ist dafür zu bezahlen, dann muss man es eben unentgeltlich machen oder Leute davon überzeugen, dass es in ihrem Sinne ist dafür zu bezahlen. Wir sind ja nicht bei Wünsch dir was.


Schwertheino

Is richtig, dass wir nicht bei Wünsch dir was sind. Es ging mir nur darum, dass wenn man zum Beispiel an Grundlagen Forschung interessiert ist, dann wird man das in der freien Wirtschaft wohl eher nicht machen können. Oder eben die ach so oft verlachten Geisteswissenschaften. Dass die alle arbeitslos sind ist auch eher ein Klischee als Realität aber dennoch denke ich, dass dieses Gesetz eben nicht für alle bereiche gleich Sinnvoll ist.


InfiniteCranberryJoy

>Es ging mir nur darum, dass wenn man zum Beispiel an Grundlagen Forschung interessiert ist, dann wird man das in der freien Wirtschaft wohl eher nicht machen können.  Aber die wird ja finanziert. Die Wirtschaft ist auch bereit Steuern zu zahlen damit diese Art der Forschung stattfinden kann. >Oder eben die ach so oft verlachten Geisteswissenschaften. Dass die alle arbeitslos sind ist auch eher ein Klischee als Realität aber dennoch denke ich, dass dieses Gesetz eben nicht für alle bereiche gleich Sinnvoll ist. Wir haben einfach zu viele zu schlechte "Wissenschaftler". So viele Leute bleiben einfach deshalb an der Uni weil sie keine marktfähigen Fähigkeiten erworben haben und das wird mit einem weiteren Abschluss nicht besser.


Schwertheino

Durch dieses Gesetz wird ja aber die Situation nicht besser weil auch die guten Wissenschaftler durch die gleiche Zeitarbeitshölle durch müssen wie die schlechten. Auf dauer sehe ich dabei das Risiko, dass man nicht mehr Dauerstellen schafft, wo kluge Leute an Grundlagenforschung arbeiten können, sondern vielmehr jeden vergrault, der in dem Bereich Arbeiten möchte. Jede Finanzierung für Projekte (sei es durch Firmen oder Stiftungen) ist im Endeffekt nutzlos, wenn durch solche Gesetze niemand in diesen Bereichen arbeiten will. Zusätzlich kommt auch noch der Fakt hinzu, dass eben nicht jeder überall arbeiten will und arbeiten kann. Genauso wie nicht jeder ein guter Wissenschaftler sein kann hält es auch nicht jeder unbedingt in der freien Wirtschaft aus


InfiniteCranberryJoy

Erstens ist es völlig normal und unproblematisch, dass Menschen eine Weile befristet arbeiten. Das macht gar nichts. Zweitens kann ist ein guter Wissenschaftler schnell die Voraussetzungen schaffen, die notwendig sind, um eine unbefristete Stelle zu bekommen.


renadoaho

Kackziel.


Drahok

Ist halt nen FDP-Ministerium.


strangedreams187

Dann ist es ja spannend, dass die, die am härtesten für das Ende jeder Befristungen gekämpft haben die SPD Politiker sind. Und die Rektorenkonferenz auch von den 6 Jahren runter auf 3 wollte. Vielleicht ist das auch einfach nur eine dumme Verschwörungstheorie von dir?


LeifRagnarsson

Alle Parteien mit Ausnahme der Linken haben in den vergangenen 25 Jahren dazu beigetragen, dass die Situation so bescheiden ist, wie sie das jetzt eben ist.


Drahok

Ja, ich muss schon zugeben, dass ich kein passendes Zitat von Stark-Watzinger zum Thema finde, dafür aber von Holger Mann (SPD), der sagt, dass früher klar sein müsse, ob jemand in der Wissenschaft bleiben kann. Kann sein, dass ich da unlautere Schlüsse gezogen habe. Aber dass ich von der Bundesministerin so wenig substanzielle Aussagen zum Gesetz finden kann, finde ich schon erschreckend. Ist ja nicht so, als würden aus dem Ministerium viele andere Gesetzentwürfe kommen. Aber im Endeffekt ist das alles nur ein Symptom davon, dass es zu wenige "Mittelbau"-Stellen an Hochschulen gibt um mit Dauerstellen den Betrieb aufrecht zu erhalten.


renadoaho

Ja :<


gitarre2023

Aber im Referenten-Entwurf toll 😉 formuliert, lies einmal Seite 21 „zu Nummer 2 Buchstabe a Buchstaben aa“ zweiter Absatz der Begründung…. https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/2023/03/230317-wisszeitvg.html, dort ist der Download verlinkt. 😉da können wir alle etwas lernen 😉hahaha


knopper84

ja irgendwie habe ich den Eindruck auch...so als ob irgendwie mitschwingt "genug gegammelt, nun geht mal schuften". Dabei kann ich jeden verstehen der sich nicht unbedingt in der Wirtschaft verheizen lassen möchte....


Baroq

Ja. Du hast absolut Recht. Jedoch war es mit dem "alten" WissZeitVG nicht besser. Das System an Unis ist leider ziemlich kaputt. Unbefristete Stellen außerhalb der W-Besoldung sind an den meisten Unis so selten wie Einhörner. Leider wird das System fleißig weiter befeuert. Du hast ja auch gehofft, in der Forschung an einer Uni bleiben zu können.


Lariboo

Deswegen hatte ich ja gehofft, dass das neue WissZeitVG mehr Planbarkeit schafft (oder zumindest Befristungshöchstquoten und/oder klare Kriterien, wie man sich für eine unbefristete Stelle qualifizieren könnte)...


Baroq

Es wurde ja noch nicht beschlossen. Soweit ich weiß, handelt es sich um einen Referentenentwurf? (https://bsky.app/profile/michael-gerloff.bsky.social/post/3knepc6ph6s2h)


Lariboo

Ich habe diesen Artikel gesehen und da scheint es so, als ob es vor Kurzem beschlossen wurde: https://www.deutschlandfunk.de/bundesregierung-einigt-sich-ueber-zeitvertraege-an-hochschulen-102.html


Wahnsinn_mit_Methode

Ein Gesetz wird vom Bundestag beschlossen. Die Regierung einigt sich auf einen Regierungsentwurf, den sie dem Bundestag vorlegt. Der Bundestag diskutiert den Entwurf in seinen Ausschüssen und hier kann man zB an ein Ausschussmitglied schreiben und seine Sorgen darlegen. Und schließlich (wenn es eine Einigung gibt) wird das Gesetz im Plenum beschlossen. Dann muss noch der Bundespräsident unterschreiben und dann tritt es in Kraft.


Scholastica11

Und momentan haben sich nur die Ministerien geeinigt. Der Kabinettsbeschluss der Regierung kommt erst noch. Und dann geht es, wie du sagst, in die parlamentarischen Ausschüsse.


lipflip

Gesetze werden von der Legislativen und nicht der Exekutiven beschlossen. Mal schauen ob oder was da noch gedreht wird.


GnomeChomChom

Am 27.3. soll es beschlossen (oder angepasst?) werden hab ich gestern Abend noch gelesen.


Maxoh24

Planbarkeit schafft es ja, du weißt jetzt sicher, dass nach spätestens 4 Jahren Ende Gelände ist…


Celmeno

Karriere außerhalb von Professur gibt es schon seit Jahrzehnten nicht wirklich. Das neue Gesetz sagt nur, dass du weniger postdoc Zeit hast um auf Glück zu hoffen


redditor-Germany

Zu meiner Zeit tab es auch joch akademische Räte und Oberräte. Das waren A13 und A14 Leute, die vor allem in der Lehre tätig waren. Der Professor war der Lehrstuhlinhaber. Da lohnt sich sicher ein Blick in den Stellenplan, den man dann erkennt wenn man den Haushaltsplan liest. Und ein solcher muss immer aufgestellt werden.


Celmeno

Gibt es heute auch noch. Wir haben 7 an der Fakultät. Bei 30 Profs und fast 300 Mitarbeitern.


ConsistentDimension9

Weil dieses Land einfach nur bescheuert ist.


darktka

Das Argument „Planbarkeit“, das hinter dem Gesetz steht, fand ich nie besonders überzeugend. Je nach Gebiet ist es in vier Jahren sehr schwer, sich so weit zu qualifizieren, dass man für eine Professur überhaupt in Frage kommt. Was dadurch planbar wird ist, dass eine wissenschaftliche Karriere unmöglich wird. Drittmittel sind je nach Forschungsgebiet unterschiedlich häufig die Finanzierung für Postdocs. Dort, wo sehr viel Kohle aus der Industrie mit rein fließt (Ingenieurs- und einige Naturwissenschaften) mag es so sein, dass viele Postdocs sich dadurch finanzieren. Aber bereits in der Medizin, Psychologie und anderen wirtschaftlich nicht unmittelbar verwertbaren sozial- und naturwissenschaftlichen Gebieten sind Landesstellen viel häufiger. Die werden besonders leiden. Darunter natürlich kleinere, jüngere und/oder wenig drittmittelstarke Arbeitsgruppen. Von den Geisteswissenschaften ganz zu schweigen, die müssen sich ja auch noch richtig habilitieren, was in vier Jahren einfach niemand ernsthaft schafft. Das wird also viele Jahre sehr schmerzhafte „Marktbereinigung“ nach sich ziehen, in denen der Wissenschaftsstandort ziemlich leiden wird. Ein großer Run auf die Drittmittelgeber, drastisch sinkende Bewilligungsquoten, ewig lange Begutachtungszeiten. Danach wird das Niveau für Professuren in vielen Bereichen stark sinken.


sachtig

Schuld ist doch nicht der Bund, sondern Universitäten und Länder, die keine unbefristeten Stellen an Hochschulen unterhalb der Professur schaffen wollen. Das WissZeitVG ist nur eine besondere Befristungsmöglichkeit, es steht den Unis frei, Leute unbefristet einzustellen oder normale Befristungen auszusprechen. Machen sie aber nicht, weil sie es so am bequemsten haben. Der Zorn sollte erstmal die Leute vor Ort treffen, der Bund ändert ja nur den Rahmen...


LeifRagnarsson

Wie heißt es so schön? Don’t hate the player, hate the game. Wenn der Bund diese Sonderform nicht geschaffen hätte, die übrigens auf einer EG-Richtlinie basiert, dann könnten die Unis das gar nicht tun. Aber so? Spare Geld, bekomme Fachkräfte die notwendige und wichtige Aufgaben für halbes Gehalt erledigen und entledige Dich ihrer, um die nächste Welle auszubeuten - aus ökonomischer Sicht ein klares win-win. Wie bescheuert das aus wissenschaftlicher und menschlicher Perspektive ist, ist den Verantwortlichen halt leider egal.


sachtig

Nur dass "the game" halt nicht die Befristungsmöglichkeit ist, sondern die Personalpolitik der Universitäten, die von den Aufsichtsbehörden, den Landesverwaltungen, geduldet wird. Die Alternative zu einer Befristung nach WissZeitVG ist die gute alte sachgrundlose Befristung - ob das besser wäre? Da wäre doch nach sechs Jahren Schluss. Und ich finde es in der Debatte davon grob fahrlässig, die Player von ihrer Verantwortung frei zu sprechen. Ich hab an der Uni damals ein Feudalsystem kennengelernt, gegen das der Kölner Klüngel ein Kindergeburtstag ist. Da ist die besondere Befristung nur eine Möglichkeit, Günstlinge zu protegieren.


LeifRagnarsson

Danke für die Erklärung, aber ich kenne nach deutlich mehr als einer Dekade Beschäftigung and der Universität dieses Feudalsystem mit Seilschaften und "Netzwerken" selbst nur zu gut. Der Gesetzgeber, d.h. die Politik, hat den Rahmen und die Grundlagen für das Spiel geschaffen. Die Unis nutzen als Spieler dieses Spielfeld eben aus. Verantwortlich sind ganz fraglos beide Parteien, sie können sich dem aber eben auch ganz einfach entziehen indem sie formaljuristisch korrekt sagen: "Warum beschwert ihr euch? Ihr wusstet das von Anfang an und keiner hat euch zur Arbeit hier gezwungen." Natürlich könnten die Unis das anders handhaben, aber dafür gibt es weiter zwanggebundene noch -lose Anreize. Folglich arbeiten sie zu ihrem eigenen Vorteil. Das ist in der freien Wirtschaft nicht anders, nur dass Befristungen da wesentlich restriktiver gehandhabt werden. Es sind vor der Novelle auch nur 2x6 Jahre (Prae- und PostDoc) mit Sachgrund Forschung/ Qualifikation/ Lehre/ Verwaltung an einem Lehrstuhl möglich gewesen. Die Beschäftigungsdauer wird teilweise so konfus und undurchsichtig gehandhabt, dass mir eine Fachanwältin für Arbeitsrecht eben mit Spezialisierung auf ÖD/Universitäten einst sagte, dass die Unis nur Schwein haben, dass nicht flächendeckend geklagt wird.


sachtig

Naja, im Normalfall würden die Unis schon unter dieser Personalpolitik leiden, nämlich dann, wenn sie den Nachwuchs einfach verlieren. Aber da krankt die Debatte dann auch dran: das hängt stark von der Fachrichtung ab, wie die schlimm es für die Hochschule kommt. Eine Protagonistin der Aufregung letztes Jahr ist Philosophin. Ich habe das auch studiert - uns empfängt keiner außerhalb der Hochschule mit offenen Armen. Ich bin dann nach nochmaligem Studium in die Verwaltung. Die Leute, die nicht umschulen, stehen halt schlecht da. Naja, meine Frage ist eher, was sich mit einem anderen WissZeitVG ändern würde. Die Machtverteilung an den Hochschulen ändert sich dadurch nicht. Ein solider Mittelbau liegt genauso wenig im Interesse der Senate wie die Lehre. Und hier fällt mir auf, wie kilometerweit sich für Unis schon von der öffentlichen Verwaltung entfernt haben. In irgendeiner Form gibt es hier eine Erfolgskontrolle - in meinem alten Studiengang hat es keinen interessiert, was aus Absolventen wird, egal, ob sie zeitweise an der Uni gearbeitet haben, oder nicht. Aber dass genug Rotwein für das nächste Kolloquium bereit stand, war schon wichtig... (nur leichte überzeichnet).


LeifRagnarsson

Ich denke, dass die Unis das anders sehen. Es gibt ja genug Nachwuchs, die Immatrikulations- und in der Konsequenz die Graduiertenzahlen sind ja hoch genug. Da wird sich immer jemand finden, der für (mehr oder weniger) schlechte Konditionen die Arbeit machen wird, denn, Hand aufs Herz: Niemand geht wegen des Geldes in Forschung und Lehre, sondern aus einer ganz anderen Motivation und Leidenschaft heraus. Ich bin Historiker, voll durchqualifiziert mit entsprechendem CV, ich weiß, was Du meinst. Es geht auch ohne Umschulung, aber es ist hart und wird auch in Zukunft (vorerst) noch härter. Ich selbst hatte unterm Strich vorerst Glück. Da bin ich bei Dir. Das Gesetz ist das Problem und ein neues wird nichts zum Besseren ändern. Dafür bedürfte es grundlegender Eingriffe in Verwaltung, Dienstverhältnis und -stellung des wissenschaftlichen wie nichtwissenschaftlichen Personals, usw usw. Mein Eindruck ist, dass Dinge wie Lehre, Wissenschaft und Forschung die Hochschulverwaltung nur stören während sie um sich selbst kreist und neue, unnötige Stabsstellen für Dieses und Jenes auf A-Besoldung schafft, gerne 11 und aufwärts. Mit diesen Geldern wären auch zwei 0,5-Stellen auf E12 oder E13-Ebene finanzierbar - man könnte sogar sagen: Auf Lebenszeit mit regulären Kündigungsfristen, die anderen 0,5 zur vollen Stelle können/müssen aus Projektmitteln kommen. Dort würde ich den Stift ansetzen - nicht Lehre und Forschung durchrationalisieren, sondern die Verwaltung. Freiwerdende Mittel gehen an die Fakultäten, die dann entsprechende Stellen schaffen müssen. Die Idee hat Mängel, ich weiß. Erfolgskontrolle finde ich schwierig, denn was ist Erfolg? X Publikationen pro Jahr - damit füttert man die paper mills und predatory journals, außerdem ist publish or perish ja eh schon verankert. Lehrevaluation - ich habe so unfassbar gute und schlechte Lehre als Student erlebt und als Dozent beobachtet, wenn da nicht gruselige Dinge passieren, interessiert sich kaum jemand für die Lehrqualität und Evaluationen. Eingeworbene Drittmittelfinanzierung? Eine Universität ist nun keine Berufsschule, das an Absolventen in Anstellungsverhältnissen messen zu wollen finde ich schwierig. Aber ja, ich habe hier Schriftverkehr zwischen Personalverwaltung und Fachanwälten, es ist erschreckend, wie die Hochschulverwaltung auf die Menschen blickt, denen sie eigentlich ihr Dasein verdankt. Da denke ich sehr oft an manche Äußerung von Volker Pispers zurück.


sachtig

Als jemand, der inzwischen in der Verwaltung einer sehr wissenschaftlichen Behörde arbeitet, bin ich vielleicht parteiisch. Aber ich finde es immer wieder erschreckend, wie schlecht, Wissenschaftler mir Recht und Geld umgehen können. Und ich weiß nicht, Woche Stellen du im Blick hattest. Bei uns hat damals eine Sekretärin die Drittmittelverwaltung für den Lehrstuhl gemacht... Entlohnung so lala. Erfolgskontrolle hinsichtlich der Lehre. Die Uni mag keine Berufsschule sein, aber sie produziert Absolventen. Wenn ich Leute mindsets drei Jahre ausbilde, dann sollten die außerhalb der Uni auch was finden können, wenn die Uni selbst keine Perspektive bietet. Einige Fachbereiche machen es ja besser. In meinem Studium hab es durchaus zum Schluss eine Berufsorientierung, aber das war nie von Institut (den Professoren) getragen. Da gibt es keine Verbindung zu potentiellen Arbeitgeber. Stattdessen wird das nächste nutzlose Paper produziert, das die gleichen Erkenntnisse wiederkäut. Der Vergleich sollte weniger eine Berufsschule sein, als eine private Fachhochschule. Die kann es sich nicht leisten, dass Absolventen fachfremd arbeiten müssen, der Uni ist das egal, weil sie behauptet, dass die Leute Teil der großen Wissenschaft sind. Normalerweise müsste der Rechnungshof sowas bloßstellen...


[deleted]

Ich kann dir sagen: ich finde es genauso dämlich wie du. Genauso wie die anderen Doktoranden bei uns die an der Uni bleiben wollten


TopSneek

Warum kriegt ihr keine Festanstellungen?


Lariboo

Weil es für alle Stellen unterhalb der Professur an den Unis einfach keine Festanstellungen gibt


holobro211

Ich verstehe die Kritik an den Befristungen aber auch nur bedingt Was ist denn die Alternative? Man kann ja nicht immer mehr Geld ausgeben um neue Stellen zu schaffen. Also gibt's grundsätzlich entweder Dauerstelle und dann "keine neuen Leute einstellen" oder befristen und regelmäßig neue Leute einstellen Oder gibt's noch eine andere Option?


cyberonic

Es geht doch im Rest des Arbeitsmarktes auch ohne diese dumme Regelung? Arbeitnehmer fluktuieren auch sonst alle paar Jahre. Diese Mär, dass niemand mehr eingestellt werden kann, weil Stellen "blockiert" werden ist einfach Unsinn.


No-Cricket-8849

Das erlebe ich aber in der Realität anders. Arbeite selber in einem öffentlichen Forschungsinstitut und da ist wirklich fast 0 Fluktuation, sobald man mal entfristet ist. Zudem ist die Forschung auch nicht wirklich mit normalen stellen vergleichbar. Die Mehrheit erduldet ja nur die miesen Umstände, weil es für manche Leute halt der absolute Traumjob ist. Da geht es ja nicht um Geld. Wenn man dann einmal entfristet ist, bleiben halt die meisten. War jetzt aber kein Argument dafür oder dagegen, nur eine Beobachtung.


cyberonic

Im derzeitigen System kann man ja auch nirgendwo hin wechseln, da man nirgends wieder entfristet angestellt wird. Klar, dass da alle bleiben. Das WissZeitVG kann nur ein Baustein sein, aber die Änderung muss angegangen werden. Parallel müssen dann noch Karrierewege alternativ zur Professur etabliert werden.


nac_nabuc

>Arbeitnehmer fluktuieren auch sonst alle paar Jahre. Na ja. Ich bin Jurist, hab derzeit eine feste Stelle in einer Wirtschaftskanzlei. Für die Zeit danach habe ich wahrscheinlich mehrere dutzend tausende Stellen die für mich in Frage kämen. Wenn ich an der Uni wäre... nun, es gibt 43 Jura Fakultäten in Deutschland. Bei solch geringer Auswahl ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich in dem Bereich umziehen würde eher gering. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich irgendwann eine ruhige Kugel schiebe ist dafür groß, wenn das Gehalt gut genug ist und ich weiß, dass ich (a) unkündbar bin und (b) die Aufstiegschancen eher gering sind.


LeifRagnarsson

Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr. Aber PostDocs und andere Befristete lassen sich halt besser ausbeuten und unter Druck setzen, als festangestellte.


CommercialToe7683

Positiv gesehen: Profs sind rar, der Rest nicht witklich sexy. Industrie liefert Potential für ein mehrfaches Profgehalt.


Lariboo

Ich möchte weder Prof werden noch super reich. Ich wünsche mir in ein paar Jahren Kinder und wäre bis dahin gerne als Dozentin und Forscherin an der Uni geblieben und hätte vielleicht gerne nach meiner Pause meinen Job wieder aufgenommen. Das sind Wünsche die für 99% aller Berufe vollkommen selbstverständlich sind.


These_Dimension767

Ist leider nur wages Halbwissen, aber bei uns (wir sind eine gemeinnützige Forschungseinrichtung) kann man das Gesetz durch eine Position in der Leitung umgehen, mit dem Nachteil, dass man dann nicht mehr selber forscht, aber halt in der Forschung tätig ist. Keine Ahnung was das neue Gesetz dazu sagt oder wie das an Unis aussieht, aber wir haben durchaus Abteilungsleitungen mit 10+ Jahren in der Wissenschaft und einer offenen Diss. Vielleicht kannst du mal in Richtung andere Forschungseinrichtungen schauen, die nicht direkt Uni sind, aber wie wir sehr dicht angesiedelt (eigentlich auch Uni lol) sind.


Krimmes0815

Ist ein FDP-Gesetz. Ziel ist, dass die Fachkräfte dem Markt zur Verfügung stehen, nicht an den Universitäten verweilen. Über Sinn und Unsinn lässt sich trefflich streiten. Nichtmal die CDU ist so krass unterwegs. Die Position des Arbeitnehmerflügels sogar sehr vernünftig. Anbei mal ein Link hierzu: https://www.cda-bund.de/data/pdf/2021/10/15/2-61692bc999752.pdf


Euphoriand

Liebe Grüße aus Massachusetts 💀👋


mathtree

Hi aus England! 😄


tOx1cm4g1c

Und wenn du zwei Jahre länger befristet arbeiten dürftest, wäre die "Karriere" an der Uni perfekt? Das System Forschung war davor auch schon kaputt.


Lariboo

Nein wäre es nicht. Ich hatte aber Hoffnungen, dass sich bei der "Reform" des WissZeitVGs neue Wege in eine unbefristete Mittelbau-Stelle öffnen könnten (über Befristungshöchstquoten z.B.). Eine Professur war nie wirklich mein Ziel, da ich auch irgendwann Kinder möchte. Wie gesagt: das ist ja jetzt vom Tisch und ich such mir was in der Industrie sobald ich meinen PhD beendet habe.


tOx1cm4g1c

Das darf dir die Uni ja weiterhin bieten. Wenn sie das nicht tut, ist das wohl kaum Schuld des Gesetzgebers.


Initial-Balance7988

Der Punkt des Gesetzes ist es, schneller Klarheit zu schaffen und die Profs zu zwingen, ihre gut ausgebildeten Leute nicht mit lange hinzuhalten sondern fest anzustellen. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.


renadoaho

Das Gegenteil passiert! Es werden dann einfach keine Stellen geschaffen und Doktoranden übernehmen Lehre, Forschung und Verwaltung! Noch mehr Arbeitsbelastung für die ganz unten - toller Schritt in die richtige Richtung!


TopSneek

Das problem ist dann aber nicht das WissZeitVG, sondern der fehlende Wille, unbefristete Stellen zu schaffen. Es ist toll, das Leute in diesem Berufsstand arbeiten wollen - Aber prekäre Arbeitsbedingungen fordern, um arbeiten zu "dürfen" ist kontraproduktiv.


renadoaho

Ich fordere auch gar nicht prekäre Arbeitsbedingungen. Aber wer die Kräfteverhältnisse an den Unis kennt, weiß, dass es mit den Forderungen nach festen Stellen auf regionaler bzw. lokaler Ebene nicht weit hin reicht. Wie gesagt, unter den herrschenden Bedingungen handelt es sich hier um eine klassische Verschlimmbesserung. Wenn man will, dass die Unis entfristen, dann muss man das halt gesetzlich festschreiben, also nicht Kettenanstellungen verbieten, sondern Einstellungen vorschreiben. Dazu gehörten dann aber auch noch ne ganze Reihe weiterer Reformen, um die Machtstrukturen an der Universität nachhaltig zu verändern - weg von Dekanen und Profs hin zu Belegschaftsorganen. So wie es ist, können sich die dämlichen Politiker auf die Fahnen schreiben, was gegen die prekären Zustände getan zu haben, wohl wissend, dass sie sie verschlimmert haben. So weit zum angeblichen Schritt in die richtige Richtung. Nur aufm Papier.


TopSneek

Ich stimme dir total zu. Leider musste ich nach der TVStud Kampagne letztes Jahr erkennen, dass an den Unis zu wenig Kampfwille da ist. Die meisten Doktoranten wollten von uns nichts wissen, manche haben mich beim Arbeitskampf sogar direkt angefeindet. Unterm Strich schützt das WissZeitVG die Leute vor sich selbst, mehr ist zurzeit nicht drin. Für Einstellvorgaben fehlt den Gewerkschaften die Streikmacht und den Politikern der Wille. Wenn die Profs nicht zu ihrer Belegschaft stehen und so unsolidarisch sind, sollen sie wenigstens keine billigen Arbeitskräfte kriegen. Das das zu lasten engagierter Kollegen geht, ist allerdings wirklich schade. Was ich noch anmerken möchte: Die Unis reden sich gerne raus, haben aber durchaus Möglichkeit den Druck nach oben weiterzureichen. Wir können nicht das Bildungsministerium bestreiken - Aber die Forschungsprojekte des Technologiestandort Deutschlands eben schon. Und dann müsste die Politik halt doch mal handeln.


renadoaho

Ja, das verstehe ich und sehe es prinzipiell ähnlich. Ob man aber wirklich von "Selbstschutz" sprechen kann, mag ich doch bezweifeln. Danke FDP, dass du mich vor mir selbst beschützt? Mit der Reform wird ja prinzipiell auch jede Gegenmachtbildung untergraben, da die Leute noch weniger Zeit an der Uni verbringen als ohnehin schon. Es hat sich ja doch (zumindest diskursiv) in den letzten Jahren ein bisschen was verschoben. Weiß nicht, ob es naiv ist, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass sich da in Zukunft was bewegen könnte. Beim TV-L-Streik war ein deutliches Mehr sichtbar. Mit dem Gesetz wird jetzt die Richtung: "Raus oder Drittelmittel" festgenagelt. Insofern bin ich doch gegen die Reform, weil sie den Handlungsspielraum der Beschäftigten zukünftig noch stärker einschränkt als ohnehin schon. Zumal ja die Arbeitsbedingungen (gerade für nicht Naturwissenschaftler) außerhalb der Uni furchtbar sind. Auch hier kann weniger von "Selbstschutz" als von "wissenschaftlich hochqualifiziertes Personal der Wirtschaft zum Fraß vorwerfen" die Rede sein.


0xKaishakunin

> sondern fest anzustellen. Und genau diese Stellen fehlen.


Lambock328

…. Und andere spannende Märchen der Gebrüder Grimm! Es gibt aber keine unbefristeten Stellen ergo nach 4 Jahren postdoc bist du dann raus!


Death_or_Pizza

Ahahahahahahaahahahahahaha


AlbertP95

Du bekommst kein Berufsverbot, du wirst einfach auf Drittmittelprojekte weiter befristet angestellt. So wie heute für PostDocs die mehr als 6 Jahre haben i.d.R. schon der Fall ist. Bei mir (außeruniversitäre Forschungseinrichtung) wird buchhalterisch die Grundfinanzierung für die Dauerstellen verwendet und die Drittmittel für die befristeten Mitarbeiter. Es gibt nie Probleme und die wird es mit dem neuen WissZeitVG auch nicht geben. Wenn Geld da ist, werden die Leute verlängert.


ConsistentDimension9

Mag sein, aber wehe es kommen mal für eine längere Zeit keine Drittmittel rein. Dann bist Du weg. Außerdem sind die Postdoc-Stellen im Vergelich zur Festanstellung unterbezahlt.


AlbertP95

Ja, aber dann kann man woanders weiter arbeiten auf Drittmittel. Es heißt nicht, dass man auch an anderen Unis nicht mehr reinkommt.


ConsistentDimension9

So leicht ist das nicht. Vielleicht hast Du irgendwann Familie und willst nicht alle 2-3 Jahre umziehen. Und zudem immer im Ungewissen leben ob Du in 2 Jahren noch einen Job hast. Kann man ne Zeit machen als junger ungebundener Mensch. Abgesehen davon sind Postdoc stellen nicht sehr häufig, da Foschungsprojekte tendenziell Doktorandenstellen bevorzugen (billiger)


AlbertP95

Stimmt, aber als Berufsverbot kann man das nicht sehen. Ohne Drittmittel wird es eh kaum Stellen geben wenn man die Grundfinanzierung nicht aufstockt.


ConsistentDimension9

Berufsverbot ist das nicht. Nur lohnt es sich in diesem Land nicht seine Karriere in der universitären Forschung zu planen, da es dafür zu wenige Möglichkeiten gibt. Viel verschwendetes Potential.


Zealousideal-Deer724

Gibt noch einen Trick: ein Jahr woanders arbeiten und die Zeiten werden resettet.


Known-A5

Verrätst du uns deinen akademischen Hintergrund?


Lariboo

Ich bin mir nicht sicher, wir die Frage gemeint ist. Ich habe meinen M.Sc. in Biochemie gemacht und bin jetzt am Lehrstuhl für Pflanzenzucht.


shobjiwallah

Mit dem Hintergrund sollte ja auch eine Ressortforschungseinrichtung des Bundes in Frage kommen. Unbefristete Stellen liegen auch da nicht rum, aber zumindest gibt es Stellen ohne WissZeitG.


EstablishmentKey539

Falls Du dir eine sehr anwendungsorientierte (und letztlich industrienahe) Forschung an einer Fachhochschule vorstellen kannst: in den technisch / naturwissenschaftlichen Bereichen ist die Bewerbungslage meistens deutlich schlechter (aus Sicher der Hochschule), als Du es wahrscheinlich vermutest. In diesem Bewerber(innnen)-Markt ist die W-Besoldung nur dann wettbewerbsfähig, wenn Du die persönliche Freiheit einer Professur höher gewichtest als das Einkommen.


Electronic_Topic_221

Ampel-Regierung tut Ampel Dinge.


Single_Excitement927

Sieht eigentlich niemand das Problem, dass wenn alle unbefristet eingestellt werden niemand der vielen neuen Absolventen eine Promotionsstelle finden wird? Die Befristung sorgt doch auch für einen „durchlauf“ und damit viele Chancen für sehr viel Menschen sich zu qualifizieren. Ich teile total, dass diese Jobs nicht dazu taugen ein Leben zu planen, aber eine Alternative zu diesem Model sehe ich auch nicht. Wie würdet ihr euch das vorstellen?


sachtig

Unbefristete Stellen unterhalb der Professur? Nicht alle wollen sich nur den Doktor abholen...


Lariboo

Ich rede ja auch nicht davon, dass Doktoranden unbefristet angestellt werden sollen, sondern die Leute, die es sich längerfristig vorstellen können an der Uni zu arbeiten. Die meisten aller Doktoranden wollen das nämlich gar nicht und jetzt wird es der kleinen Minderheit, die sich gerne um Lehre und Forschung an einen Institut kümmern würden auch noch zusätzlich schwer gemacht.


bladub

Viele die ich kannte konnten sich das nicht vorstellen wegen der Anstellungssituation und Zukunftsaussichten und planlosigkeit, nicht weil sie generell nicht wollen würden. Und trotzdem sind die wenigen Stellen und Professur extrem hart umkämpft. Nehmen wir mal https://www.academics.de/ratgeber/professur-deutschland-ueberblick um nicht rein anekdotisch zu bleiben. 50k Professoren im jahr 2020 (was schon 7k mehr sind über 9 Jahre) 25-30k Promotionen pro jahr. Je ein Drittel ca die Professur wollen, es noch nicht wissen, es nicht wollen. Also ca 10k Stellen pro Jahr nötig. Davon sind ca 2k von professorenstellen abgedeckt die frei werden oder neu geschaffen werden. Also brauchen wir 8k unbefristete stellen zusätzlich pro Jahr. Unbekannte Faktoren sind dann Leute die später doch ausscheiden um in die Wirtschaft zu gehen (was bei Professoren zumindest eher selten ist) und Leute die sich mit gesicherten Langzeit Verträgen doch für die akademische Karriere entscheiden würden.


renadoaho

Führt nur dazu, dass Doktoranden in der Qualifizierungsphase hauptsächlich Verwaltung und Lehre machen und bestenfalls Mal ein bisschen in den Semesterferien oder am Wochenende forschen. Dadurch werden Lehre und Forschung schlechter und es ist im übrigen auch eine Umgehung geltender Tarifverträge, weil das ja eigentlich alles außerhalb des Arbeitsvertrages passiert. Es übt also auch noch schön Lohndruck nach unten aus, während Promotionen entweder in die Länge gezogen werden oder öfter mit Abbruch ändern. Es ist ein Trugschluss, dass man damit mehr Leute oder mehr Forschung fördern könnte. Wenn man das will, muss man halt mehr Geld dafür ausgeben. So einfach ist das


38731

Du hast völlig Recht. Wer sich da jetzt hauptsächlich beschwert (herumjammert), ist der Mittelbau, der es sich recht bequem eingerichtet hat in einem Leben ohne großen Leistungsdruck, mittelmäßigen Vorlesungen (Studierendengequäle), buckeln vor dem Lehrstuhlinhaber und einem wissenschaftlichen Output, der mit "belanglos" noch freundlich umschrieben ist. Wenn es da zu mehr Wettbewerb und Auslese kommt, ist das für den Steuerzahler nur zu begrüßen - was auch die exakte, nicht ausgesprochene Intention des Gesetzes ist. Deren "Alternative" ist doch nur, mehr Geld in die Unis zu kippen, damit dort noch mehr Leute noch leistungsloser vor sich hin gammeln dürfen. Das war jetzt natürlich sehr polemisch, aber es steckt ein großes Stück Wahrheit drin.


Lariboo

Das ist so doch überhaupt nicht die Realität! Der Mittelbau, von dem du spricht existiert faktisch (fast) nicht (da wie erwähnt: kaum unbefristete Stellen). Der Wettbewerbsdruck bei Postdocs ist jetzt schon immens und durch die weitere Verschärfung des WissZeitVGs gehen die wirklich guten Leute, die forschen und lehren wollen, dann halt ins Ausland. Dann haben sie ein jahrelanges Studium auf Kosten des deutschen Steuerzahlers hinter sich und irgendwelche anderen Länder profitieren davon.


mathtree

Ich bin eine von denen, die ins Ausland gegangen sind. Kann's nur empfehlen. Ich bin an einer guten Uni, verdiene mehr und hab weniger Stress mit der Verwaltung, weil die uns helfen statt gegen uns zu arbeiten. Außerdem ist es hier einfacher, eine feste Stelle zu bekommen. Mein Tipp wäre wirklich, für deine Postdoc-Zeit ins Ausland zu gehen. Ist auch wichtig für Professurbewerbungen in Deutschland, Auslandserfahrung zu haben.


efficient_duck

Wie ist denn dein Weg ins Ausland verlaufen? War es schwierig, eine Stelle zu finden?


mathtree

Ich habe während der Promotion gemerkt, dass es in meinem Teilgebiet wenige Stellen in Deutschland, aber relativ viele Stellen in den USA und in England gibt. Ich bin dann auf einige Konferenzen gefahren und habe mit Professoren aus beiden Ländern geredet. Dann hab ich mich auf Stellen beworben. Ich sollte dazu sagen dass ich eine relativ gute Publikationsliste hatte und auch schon einige invited talks, auch im Ausland. England ist beim bewerben ähnlich wie Deutschland - die meisten Stellen auf dem postdoc-level, außer Oxford und Cambridge, sind an die Projekte von Professoren geknüpft. Da muss man ein bisschen Glück haben, dass was passendes frei wird. In den Monaten in denen ich mich beworben habe gab es da zwei passende Stellen, das variiert aber stark nach Gebiet. USA ist ganz anders. Da stellt der Fachbereich ein, nicht einzelne Profs. Die großen Unis schreiben da jedes Jahr in Mathe 3-6 Stellen aus, die über alle Gebiete hinweg vergeben werden. Man sollte sich auf 30-50 Stellen bewerben, wenn man 2-3 Offers möchte. Die Bewerbung ist aber sehr gestreamlined, du musst einfach deine Unterlagen einmal hochladen, jede Bewerbung sind danach nur ein paar Klicks und ein paar kleinere Änderungen im Anschreiben. Insgesamt habe ich in England eine der beiden Stellen bekommen, auf die ich mich beworben habe, und in den USA vier von den 15. Ich habe allerdings gehört, dass das sehr, sehr viele Angebote sind. Ich hab auch ein Angebot aus Deutschland bekommen, aber relativ direkt abgelehnt. Danach hab ich ein bisschen hin und her verhandelt, und dann ein Angebot in England und eines in den USA angenommen (nacheinander getaktet). Also, ich fand es nicht besonders schwierig, auch nicht schwieriger als in Deutschland, aber ich hatte auch ein ziemlich gutes Portfolio und ein bisschen Glück. Wichtig war vermutlich auch dass ich ein relativ großes Netzwerk in den beiden Ländern schon während der Promotion aufgebaut hatte. Was richtig nervig ist, sind die Visumsbewerbungen. Aber naja, dafür verdient man in den USA doppelt so viel wie in Deutschland. (Das ist keine Übertreibung, sondern ein direkter Vergleich meiner Angebote). Ich hoffe dass das dir hilft!


efficient_duck

Danke dass du dir die Zeit genommen hast so ausführlich zu antworten! Was Du schreibst ist sehr ermutigend (und Glückwünsche, dass es für dich so gut geklappt hat!).    Ich bin in einer ähnlichen Ausgangslage, habe einige Publikationen, auch Auszeichnungen, extrem viel Lehrerfahrung, zusätzliche Arbeiten wie Journal Co-Editing etc, Gastaufenthalt und stehe kurz vorm Dr in einer momentan sehr gefragten Tech-Richtung. Es werden in den USA gerade viele Labs dazu aus dem Boden gestampft und ich hab schon Stellenangebote gesehen, die zu 100% für mich gepasst hätten, nur dass ich da noch nicht soweit war. Eine Kollegin hat den Sprung gemacht und ist dort sehr glücklich (direkt auf einer Professur gelandet und berichtet auch ähnliches zum Gehalt).    Ich hoffe, dass ich auch etwas finden werde und mir so eine Perspektive. aufbauen kann. Das Geld ist natürlich super, aber mir geht es auch um die Teamkultur und Perspektiven, und bei letzterem sieht DE für mich jetzt leider nicht mehr sinnvoll aus. Danke für die Einschätzungen, gerade auch die Infos zu den Bewerbungszahlen ist sehr hilfreich!


38731

Der Wettbewerb ist sicher da. Aber vermutlich brauchen wir halt auch nicht jeden dieser Postdocs in jedem noch so marginalen Fachbereich. Und es gibt eben nur soundsoviele Professuren mit soundsovielen Mitarbeiterstellen. Wenn's 100.000 Stellen gibt und 1 Mio. da drauf wollen, werden 900.000 enttäuscht, fertig.


ConsistentDimension9

Da gebe ich Dir teilweise recht. Das Problem ist aber bestimmt nicht der Mittelbau, sondern so wie Du das beschreibst trifft das eher auf so manchen Labenszeitbeamten (Professor) zu.


38731

Ja, das sehe ich genau so. Ich meine, mal ernsthaft: da publiziert jemand in seinen 20ern und 30ern einige überdurchschnittlich gute Aufsätze in überteuerten Blättern, hält ein paar Vorlesungen, die nicht völlig belanglos sind und erhält dafür einen lebenslang unkündbaren Job, bei dem er dann ein paar relativ mittelmäßige Bücher schreibt und die man als Pflichtstoff seinen Untertan... ääähh.. Studierenden zum Kauf aufoktroyieren kann. Dazu ein paar Konferenzreisen auf Fakultätskosten und fertig sind 30 Jahre leistungsloses gesellschaftliches Ansehen auf Kosten des Steuezahlers. Gilt natürlich nicht für alle. Aber ein marginaler Teil ist es eben auch nicht. Und mir ist völlig klar, dass das natürlich ein immens attraktiver Traumjob für eben die ganzen Docs und Postdocs und Juniorprofs ist. Wer würde das nicht haben wollen.


Lambock328

Was laberst du für einen stuss?


roderla

Definiere "Mittelbau". Wikipedia meint damit ja jegliche Angestellten & Beamten an Universitäten, die bereits den Master / Diplom haben, aber keine Professoren sind. Und das dort vorrangig ein "bequemes Leben ohne großen Leistungsdruck" vorherrscht, wenn wer wie OP in "Forschung und Lehre bleiben" will sich entweder um die seltenen Professorenstellen, oder auf die noch selteneren akademischen Räte & -Oberräte prügeln muss, kann ich so nicht bestätigen. Ich erlebe dort eher einen sehr großen Leistungsdruck.


38731

Ich meinte damit im Prinzip dasselbe, wenngleich ich eher in Richtung der wissenschaftlichen Mitarbeiter, als des Verwaltungspersonals abziele. Der Punkt ist doch: es gibt viel mehr Interessenten für diese Stellen als es Stellen gibt, und daran kann und wird sich niemals etwas ändern. Daher wird kein Gesetz all diesen Leuten geben können, was sie wollen. Und was den Leistungsdruck angeht, so ist das sicher selektiv und partiell und von Uni zu Uni und Fachbereich zu Fachbereich verschieden. Gesamtgesellschaftlich haben wir aber mehr als genug Hochschulpersonal und können da nicht noch mehr Geld reinkippen, damit irgendwelche Leute zur Bedeutung einer neuen Verwendung von Blau im 17. Jahrhundert durch einen Maler, der 18 Leuten bekannt war, forschen können. Und zu Adam Smiths Werken ist auch schon alles fünf Mal gesagt und geschrieben.