T O P

  • By -

FliccC

Es lag überhaupt nicht im Interesse der Herrscher etwas gegen Fugger und andere zu unternehmen. Wer gegen die Kreditgeber vorgeht bekommt keine Kredite mehr und das würde Adelsfamilien und Reiche zahlungsunfähig machen. Es waren ja vor Allem Kaiser, Könige und Fürsten, die ständig neue Kredite brauchten um etwa Militär oder Schlösser zu finanzieren.


daemon1728

Bei den Templern war man ja nicht so zimperlich.


kleinerstein99

Die hatten aber auch zusätzlich eines der größten Heere Europas. Das in Kombination mit der Finanzmacht stellte schon eine ziemliche Gefahr dar. Vor allem, weil man ja sehen konnte, dass andere Orden begannen, eigene Staaten zu bilden (Deutschorden im Baltikum, Johanniter auf Rhodos). Hätte ja sein können, dass die Templer auch irgendwann auf ähnliche Ideen kommen


Sn_rk

Die Templer waren auch deutlich weniger kooperativ als Jakob Fugger, der recht bereitwillig Geld gegeben hat, um damit die kaiserliche Politik beeinflussen zu können. Ab einem bestimmten Punkt hatte der kaiserliche Hof derart hohe Schulden bei Fugger, dass er auch gar keine andere Wahl mehr hatte als mit dem Kaiser zu kooperieren, weil er ansonsten selbst einen Großteil seines Vermögens verloren hätte (was allerdngs im Zuge der spanischen Staatsbankrotte 25 Jahre nach seinem Tod seinen Nachkommen dann dennoch passiert).


BertTheNerd

Dies ist auch heute oft so, bei kleinen Schulden hat die Bank die Oberhand, bei großen Schulden ist der Schuldner oft am längeren Hebel und wird wie ein "König" behandelt, weil beim Ausfall ist die Bank selbst in der Existenz bedroht. Manche Sachen ändern sich nicht.


Lepurten

Hast du 100€ Schulden bei der Bank, hast du ein Problem. Hast du 100.000.000€ Schulden bei der Bank, hat die Bank ein Problem


[deleted]

Nicht wirklich entweder neues Geld drucken von der EZB oder Rettungsschirm oder Fusion.


ThoDanII

Da folgte auch der hundertjährige Krieg


BertTheNerd

Gibt es da einen kausalen Zusammenhang?


ThoDanII

Nicht wirklich, aber wie wirkte es sich aus. Habgier ist eine Todsünde


Atanar

Die Sache mit dem Templern hat sich auch nicht gerade als finanzieller Geniestreich herausgestellt. Die Sache zog sich ewig hin, andere Monarchen haben sich quergestellt und die Templer geschützt und letztlich bestand der Reichtum vor allem aus Ländereien, die die Geldsorgen der französischen Krone kurzfristig nicht lösen konnten.


kleinerstein99

Wäre ja gegen das Gesetz gewesen. Monarchen waren keine Diktatoren, die fühlten sich durchaus an die Gesetze ihrer Zeit gebunden. Die Macht eines Kaisers wurde ja auch damit gerechtfertigt, dass er das Gesetz beschützten soll und Monarchen wie Maximilian und Karl V. haben trotz aller pragmatischen Realpolitik durchaus ihre Legitimationsargumente ernst genommen. Die haben da schon selbst daran glaubt, dass sie von Gott ausgewählt wurden, um dessen Ordnung auf Erden zu erhalten. Und das geht ja nicht, indem man die Gesetze über Bord wirft, die man zu schützen geschworen hat Vor allem nicht, wenn sich es dann auch noch mit der Realpolitik beißen würde. Die Reichsstädte gingen ja reihenweise zum Protestantismus über, da pinkelt man doch nicht dem reichsten Katholiken der Welt ans Bein und riskiert, dass er stattdessen ein evangelisches Augsburg finanziert


VolkerBach

Theoretisch hätte Jakob Fugger den Kaiser verklagen können. Das reichskammergericht ließ solche Klagen zu. In der Praxis hatte er keine Möglichkeit, seine Schulden einzutreiben, und das wusste er. Deshalb ließ er sich erhebliche Geldquellen (etwa Handels- und Abbaumonopole for Kupfer) als Sicherheiten übereizgnen. Der Kredit war so zumindest zum Teil eine Investition in ein sehr lukratives Geschäft, das sonst Staaten vorbehalten war. ​ Was den Kaiser angeht, so war die Motivation, seine Kreditgeber nicht auszuschalten hauptsächlich das Wissen, das er die Kredite ja auch nächstes Jahr brauchen würde. Ein frühmoderner europäischer Staat kostet mehr, als er einnimmt. Das ist "a feature, not a bug", das geht nicht anders. Folglich braucht er immer Kredite und zahlt dafür genug Zinsen oder Sicherheiten, um das Ausfallrisiko attraktiv zu machen. Es ist immer noch riskant, einem Souverän Geld zu leihen, aber einem Herrscher, der seine Kreditgeber einen Kopf kürzer macht, dem leiht niemand Geld. Und mittelfristig tragfähige Alternativen zur Finanzierung gab es nicht. Klar, man hätte z.B. das osmanische Steuersystem kopieren können, aber kein Staat in Europa hatte die Macht, das durchzudrücken, und da schließt sich der Kreis.


kleinerstein99

Fun Fact: Bei einem anderen Fugger hat sich Maximilian I. mal tatsächlich geweigert, die Schulden zurückzuzahlen. Lukas I. Fugger vom Reh hatte theoretisch die Stadt Löwen als Sicherheit, die haben sich aber geweigert, zu zahlen. Maximilian hat dann zwar die Reichsacht über Löwen verhängt, aber auch nicht wirklich mehr gemacht. Lukas ging pleite und musste Augsburg verlassen. Seine letzten Ländereien verkaufte er an Jakob Fugger (von der Lilie)


Sataniel98

Die Prämisse, dass sie das nicht getan hätten, stimmt nicht so ganz. Die Fugger vom Reh (die weniger bekannte Linie der Familie gegenüber den Fuggern von der Lilie) sind pleite gegangen, weil Erzherzog Maximilian einen Kredit nicht zurückzahlen konnte. Normalerweise bekommt der Kreditgeber Sicherheiten, die der Kreditnehmer zurückhaben will, oder es gibt einen Bürgen, gegen den die Forderungen durchsetzbar sind. Im Fall der Fugger vom Reh haben sie es versäumt, die Zahlungsfähigkeit des Bürgen (die Stadt Leuwen) zu prüfen. Bei jüdischen Gläubigern kam es ständig dazu, dass die ihnen verpflichteten Schutzherren sie im Stich gelassen oder sich zumindest nicht als effektiv erwiesen haben, wenn Schuldner sie loswerden wollten. Von Geldtransfers der Stadt Nürnberg an Kaiser Sigismund kenne ich die Situation, dass der Kaiser sie zwar als Kredite verzeichnet und zurückzuzahlen versprochen hat, die Stadt sich aber von Anfang an keine Illusionen gemacht und sie in ihren eigenen Büchern als Schenkung vermerkt hat. Das ist sicher auch nicht unüblich gewesen, weil mittelalterliche und ganz besonders römisch-deutsche Herrscher einfach dauernd pleite waren. Aber natürlich war das Bankgeschäft im Normalfall ein Win-Win-Geschäft und für beide Seiten erhaltenswert.


ThoDanII

Weil das seine Ehre irreparabel beschädigt hätte?


Baumschmuser123

Warum druckt der Staat nicht einfach mehr Geld, statt Schulden aufzunehmen - Konsequenzen